Jahresbilanz 2022: Beratungen in Niedersachsen gestiegen

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Jahresbilanz 2022: Beratungen in Niedersachsen gestiegen

Die Betroffenenberatung Niedersachsen berät bei rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt. Im Jahr 2022 hat das Team mehr als 590 Beratungen durchgeführt. Das sind acht Prozent mehr als im Vorjahr. Besonders herausfordernd war die Zusammenarbeit mit der Polizei.

Rassismus war auch 2022 das häufigste Motiv der rechten Täter*innen. Aber auch Angriffe und Bedrohungen durch Verschwörungsideolog*innen haben die Beratungsstelle weiter stark beschäftigt.

Zudem haben Angriffe durch extreme Rechte zugenommen. „Hier geraten besonders Menschen ins Visier, die sich aktiv in unserer Gesellschaft engagieren. Sie werden als Feindbild gesehen und sollen eingeschüchtert werden“, sagt Pressesprecherin Marie Kortmann.

117 neue Fälle von rechter Gewalt

Insgesamt hat die Beratungsstelle 117 neue Fälle von rechter Gewalt bearbeitet. Hinzu kamen 63 Fälle von rassistischer Diskriminierung, die an andere Beratungsstellen verwiesen wurden. „Natürlich hören wir diesen Menschen erstmal zu. Tatsächlich sind wir aber nur für rechte Gewalttaten zuständig“, erklärt Kortmann.

Dass sich auch Menschen bei der Betroffenenberatung melden, die rassistische Diskriminierung erfahren, zeigt, dass es nicht genügend Antidiskriminierungsstellen gibt. „Wir brauchen in Niedersachsen ein flächendeckendes Angebot, vor allem auf dem Land“, sagt Kortmann.

Polizei benennt rechte und rassistische Gewalttaten nicht

Die Jahresbilanz zeigt allerdings nur einen Teil der Wirklichkeit. „Viele Taten entgehen unserem Monitoring, weil die Polizei rechte und rassistische Gewalttaten weiterhin nicht klar erkennt und benennt“, so Kortmann weiter.

Wenn sich Täter*innen offensichtlich rassistisch verhalten, weil sie die Betroffenen beispielsweise rassistisch beleidigen, dann wird dies in öffentliche Meldungen der Polizei fast nie benannt. „Wir fragen uns, warum die Polizei kaum Interesse zeigt, rechte Gewalt sichtbar zu machen“, so Kortmann weiter.

Polizei informiert Gewaltopfer nicht über Beratung

Zudem informieren offenbar Polizist*innen die Gewaltopfer, die Anzeige erstatten, nicht über das kostenlose Beratungsangebot. „Uns ist kein Fall bekannt, bei dem die Polizei Betroffene an uns verwiesen hätte“, sagt Marie Kortmann. „Das muss sich unbedingt ändern, damit möglicherweise schwer traumatisierte Menschen schneller Hilfe bekommen.“

Sogar in den Städten und Landkreisen, in denen Staatsschutzbeamt*innen und Präventionsstellen über die Betroffenenberatung informiert sind, kennen viele Polizist*innen die Beratungsstelle trotzdem nicht. „Das wundert uns sehr. Besonders, weil wir von Bund und Land finanziert werden und die Polizei unsere Arbeit im Sinne der Betroffenen unterstützen sollte“, sagt Marie Kortmann.

Forderung: Bereits bei Verdachtsfällen Hilfe anbieten

Die Betroffenenberatung fordert deshalb, dass Polizist*innen in Niedersachsen bereits bei einem Anfangsverdacht auf eine rechte, rassistische oder antisemitische Tat die Betroffenen über das kostenlose Beratungsangebot informieren.

Pressekontakt:

Marie Kortmann
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