(Foto: Nadine Shaabana)
Im Jahr 2021 bekamen knapp 250 Menschen Hilfe bei der Betroffenenberatung Niedersachsen. Sie wurden beschimpft, bedroht oder angegriffen. Rassismus war das häufigste Tatmotiv, das zweithäufigste Verschwörungsideologien.
Besonders erschütternd sind die Fälle, in denen Menschen schwere rassistische Gewalt erlebt haben. 2021 hat das Team in vier Tötungsversuchen konkrete Beratungsangebote gemacht. „Es ist äußerst wichtig, Betroffene mit den Gewalterfahrungen nicht alleine zu lassen – vor allem nach solch gravierenden Taten. Sie aufzufangen und bei der Verarbeitung zu unterstützen, ist ein erster wichtiger Schritt“, sagt Constantin Schwarz, Sozialarbeiter in der Betroffenenberatung.
Ostfriesland: Rassist schießt Mann in die Brust
Einer dieser Fälle war ein Mordversuch im Landkreis Wittmund. Dort schoss ein Rassist einem Mann aus Somalia mit einem Gewehr in die Brust. Der fünffache Vater überlebte schwer verletzt und verlor einen Teil der Lunge. Der Täter wurde verurteilt – doch der Betroffene leidet bis heute unter den Folgen. „Dieser Fall ist noch nicht abgeschlossen und wird unser Team weiterhin begleiten“, sagt Marie Kortmann, Pressesprecherin der Betroffenenberatung.
Neue Gefahr durch Coronaleugner*innen
Insgesamt betrachtet wurde das Beratungsangebot in 2021 häufiger genutzt als im Vorjahr. Neu war 2021 die Beratung von Menschen, die von Coronaleugner*innen bedroht oder angegriffen wurden. Der Beratungsbedarf ist hier deutlich gestiegen. Die Taten reichen von Drohmails bis hin zu körperlichen Angriffen.
„Rassistische Taten klar benennen“
Bislang muss unser Team die meisten Betroffenen selbst suchen und kontaktieren. Soweit wir wissen, weisen Polizist*innen nur vereinzelt auf unser kostenloses Angebot hin. Zudem werden offensichtlich rassistische Delikte in den Polizeimeldungen oft nicht als rechts, rassistisch oder antisemitisch motiviert benannt. „Das muss sich ändern. Rassistische Taten müssen klar benannt werden“, sagt Marie Kortmann. „Wir wünschen uns hier eine bessere Zusammenarbeit mit den Ermittler*innen“.
Impfgegnerin versucht Polizistin zu überfahren
Immerhin werden Polizist*innen in Niedersachsen aktuell selbst vermehrt von Rechtsextremen oder Impfgegner*innen angegriffen. Ein Beispiel: In Delmenhorst versuchte eine Teilnehmerin eines sogenannten Spaziergangs Polizist*innen zu überfahren. „Solche Taten zeigen, wie gefährlich diese Menschen geworden sind“, sagt Marie Kortmann.
Allgemeine Zahlen 2021:
217 Fälle
246 Betroffene
546 Beratungen
Die häufigsten Tatmotive 2021:
Rassismus (94 Fälle)
Verschwörungsideologien (51 Fälle)
Politische Gegner*innen (41 Fälle)
Wir freuen uns über Ihre Berichterstattung! Interviewpartner*innen, weitere Zahlen und Hintergrundinfos stellen wir auf Anfrage gerne zur Verfügung.
(Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass wir Betroffene nicht immer für Interviews vermitteln können und dafür genügend Vorlaufzeit benötigen.)
Pressekontakt:
Marie Kortmann
Betroffenenberatung Niedersachsen
Beratung bei rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt
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